Abfallentsorgung in Pflegeeinrichtungen – Hygienische und juristische Aspekte

Ein umfassendes Hygienemanagement sollten die Betreiber von Pflegeinrichtungen als integralen Bestandteil Ihres Versorgungsauftrags akzeptieren und kontinuierlich umsetzen. Nicht immer werden jedoch alle möglichen Infektionsgefahren erkannt und die Krankheitserreger in der gesetzlich geforderten Sorgfalt hinreichend ins Visier genommen. Vielleicht liegt dies daran, dass Infektionsrisiken üblicherweise unsichtbar sind. Dipl.-Jur. Michael SchanzGetrieben durch skandalträchtige Infektionswellen ist allerdings in der Vergangenheit das Thema „Hygiene im Gesundheitswesen“ verstärkt in den öffentlichen Fokus und damit auch in das politische Bewusstsein gerückt. Zu verzeichnen sind seit geraumer Zeit verschiedene regionale und überregi-onale Initiativen1, die eine Sensibilisierung der Mitarbeiter und Vorgesetzten in den Gesundheitseinrichtungen bezwecken, um die Ausbreitung der gefährlichen Keime zu stoppen.

Komplexität des Infektionsschutzes
Leider konzentrieren sich diese - begrüßenswerten – infektionspräventiven Strategien oftmals auf die Durchführung von Einzelmaßnahmen zur Hände-, Flächen-, Wäsche- und Medizinproduktehygiene. Dies reicht jedoch nicht aus, um die Situation insgesamt zu beherrschen. Der Kriterienkatalog eines um-fassenden Sicherheitskonzeptes zur Einhaltung der gebotenen Hygiene ist deutlich umfassender. Für die spezielle epidemiologische Situation der Langzeitpflege in Pflegeeinrichtungen sind vor dem Hintergrund der kritischen Zunahme der MRSA-Rate, die Entsorgungssituation der benutzten Inkontinenzartikel, Kathetersysteme, Verbandsmaterialien, Einmal-Handschuhe und Kittel in besonderer Weise zu berücksichtigen. Aufgrund ihrer geruchsbelästigenden und ggf. kontaminierten Bestandteile müssen diese Abfälle einer speziellen, hygienerechtlichen Betrachtung zugeführt werden.


Rechtliche Grundlagen
Auf der juristischen Ebene ist ein komplexes Regelwerk von Vorschriften auf unterschiedlichsten hierarchischen Ebenen zu verzeichnen. Zunächst setzt die Richtlinie 2008/98/EG vom 19. November 2008 über Abfälle (Abfallrahmenrichtlinie) den rechtlichen Rahmen für die Abfallgesetzgebung der EU-Mitgliedstaaten. Mit der Abfallrichtlinie sollen „die schädlichen Auswirkungen der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen vermieden oder verringert, die Gesamtauswirkungen der Ressourcennutzung reduziert und die Effizienz der Ressourcennutzung verbessert werden“. In Bezug auf die sog. Abfallbewirtschaftung wird hier u. a. festgelegt, dass besondere Maßnahmen bei der Bewirtschaftung gefährlicher Abfälle zu erfüllen sind (Überwachung, Verbot der Vermischung, Kennzeichnung; siehe Artikel 17–19). Auf nationaler Ebene erfolgt die strukturelle Anpassung an die EU-rechtlichen Vorgaben zunächst durch das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) vom 24. Februar 2012. Hiernach sind z. B. alle Einrichtungsbetreiber des Gesundheitsdienstes aufgerufen, ihre Abfälle hygienisch vertretbar zu beseitigen, so dass weder die Gesundheit der Menschen beeinträchtigt wird (§ 15 Abs. 2 Nr. 2 KrWG) noch Gewässer oder Böden schädlich beeinflusst werden (§ 15 Abs. 2 Nr. 3 KrWG). Zusätzliche Anforderungen an die Sammlung und Entsorgung ergeben sich, wenn die benutzten Inkontinenzartikel, Verbrauchs- und Verbandsmaterialien mit Erregern kontaminiert sind. Zu beachten ist dann bspw. die Meldepflicht gem. § 6 IfSG für bestimmte übertragbare Krankheiten. Gesetzlich gebunden ist der Einrichtungsbetreiber außerdem in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber auch durch das Regelwerk zum Arbeitsschutz. Seine Verantwortung erstreckt sich auf die gesamte Entsorgungskette der Abfälle, d. h. von der Anfallstelle im Bewohnerzimmer bis zur Übergabe an die Entsorgungsanlage hat er für eventuelle Versäumnisse einzustehen. Die für die Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten geeignete Schutzausrüstung muss den Mitarbeitern also nicht nur zur Ver-fügung gestellt werden, es ist ebenso zu garantieren, dass die gebrauchten Artikel auch sach- und fachgerecht innerbetrieblich gesammelt, befördert und durch den beauftragten Entsorger entsorgt werden. In diesem Zusammenhang ist zudem die Nachweisverordnung zu beachten. Hier werden konkrete Anfor-derungen an die Dokumentation der Abfälle von der Erzeugung bis zur Entsorgung manifestiert. Die dem KrWG nachgeordneten Landesabfallgesetze dienen schließlich dazu, eventuell auf bun-desgesetzlicher Ebene vorhandene Lücken zu schließen (vgl. Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG). Das kommunale Satzungsrecht folgt letztlich dem Landesrecht. Regelmäßig werden hier sog. Anschluss- und Benutzerzwänge festgelegt, nach denen bestimmte Abfälle einzelnen Entsorgungsanlagen angedient werden, wie Abfälle voneinander zu trennen sind und welche Behältnisse für das Einsammeln der Abfälle vorgeschrieben sind2.

Fazit
Die durchregulierten Prozesse zur Entsorgung von Abfällen aus Gesundheitseinrichtungen sind sehr umfangreich und stellen für die Einrichtungsbetreiber und das Pflegepersonal eine anspruchsvolle Herausforderung dar, bei der Aspekte des Arbeits-, Infektions- und Umweltschutzes auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik gleichermaßen beachtet werden müssen. Besonders Augenmerk gebührt dabei den Abfallstoffen, von denen ein Gefahrenpotenzial ausgeht. Hier gilt es zum einen die Mitarbeiter um die Arbeitssicherheit beim Umgang mit toxischen und infektiösen Abfällen zu sensibilisieren. Zum anderen sind die Einrichtungsbetreiber gefordert die Entsorgungswege derart zu organisieren, dass keine partikel- oder gasförmige Kontamination beispielsweise durch mangelhafte Lagerung des Abfalls, häufiges Öffnen oder Schließen des Abfallbehälters oder unsachgemäßen innerbetrieblichen Transport entstehen kann. Gute Argumente sprechen zudem für das abschnittsweise Einschweißen des (vorsortierten) Abfalls. Durch diese Verfahrensweise werden nicht nur das Ausbreiten von Aerosolen und das Entstehen von Geruchsbelästigungen verhindert. Die Komprimierung des Abfallvolumens verspricht zudem auch einen Preisvorteil gegenüber dem beauftragten Abfallentsorger.
Dipl.-Jur. Michael Schanz ist Chefredakteur der gesundheitsrechtlichen Fachzeitschrift „Rechtsdepesche für das Gesundheitswesen“ (RDG).

1  z.B. „Aktion saubere Hände“ oder „Aktion saubere Spender“
2 Die Bund-/Länderarbeitsgemeinschatft (LAGA) gibt in der „Vollzugshilfe zur Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitsdienstes“ praktische Ratschläge für die sachgemäße Handhabung für das Sammeln, Verpacken, Bereitstellen, Lagern, Transportieren, Behandeln, Verwerten und Beseitigen der unterschiedlichen Abfallmaterialien.

Quelle: Seniorenheim Magazin

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